Schulunterricht in der Wohngruppe

Nachdem sich die Kultusministerkonferenz bereits im Sommer diesen Jahres gegen flächendeckende Schulschließungen ausgesprochen hat – und sich auch weiterhin mit Blick auf die Energiekrise dagegen ausspricht – konnten viele Pädagog:innen in unseren Einrichtungen aufatmen: Kein Home-Schooling mehr! Die Belastungen und Folgeschwierigkeiten, die durch die Online-Lehre während der letzten Lockdowns entstanden, waren bekanntermaßen nicht nur für die Kinder und Jugendlichen sondern auch für die Eltern enorm. Auch für unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter bedeutete das einen hohen zeitlichen Mehraufwand an Diensten am Vormittag, die durch eine Tätigkeit ausgezeichnet waren, auf die die wenigsten von uns ausreichend durch ihre Ausbildung vorbereitet waren. Ebenso wie in nahezu jeder Familie in Deutschland brachte das Home-Schooling auch in unseren Einrichtungen entsprechende Schwierigkeiten mit sich. Und dennoch konnten wir in dieser Zeit beobachten, wie wertvoll ein individuell angepasstes Arbeitstempo und eine Entzerrung des Schulalltags durch die Beschulung in den Einrichtungen für unsere Kinder und Jugendlichen waren.

In der Intensivwohngruppe Hümpfershausen hatten wir nun im Oktober 2022 die Ausgangslage, dass einzelne Kinder – aufgrund unterschiedlicher Gründe – nicht an der Regelbeschulung teilnehmen konnten. Um ihnen ihr Grundrecht auf Bildung nicht zu verwehren, wurde erneut der Versuch unternommen diese Kinder in der Einrichtung zu beschulen. Mit neuen Ideen und Elementen einer sonderpädagogisch-therapeutischen Didaktik starteten wir in eine neue Form der Stoffvermittlung, nachdem sich gezeigt hatte, dass das Bearbeiten von Schulaufgaben in Stillarbeit große Motivationsprobleme seitens der Kinder mit sich brachte und so der verpasste Stoff kaum aufzuholen war. Recht schnell wurde also ein provisorischer Unterrichtsraum mit einer Tafel und Einzelarbeitsplätzen geschaffen, so dass den Kindern die Möglichkeit gegeben war, zentrale Hilfestellung zur Bearbeitung einer Aufgabe an der Tafel zur Verfügung zu haben und durch die Einzelplätze ausreichend Abschirmung von äußeren Reizen gegeben war.

Der Unterricht beschränkte sich zunächst auf die Vermittlung von Inhalten der Kernfächer – in unserem Fall besonders Deutsch und Mathematik. In Anlehnung an die Inhalte, die in den entsprechenden Schulklassen versäumt wurden, wurde ein Wochenplan erstellt und ein Tagespensum für die Kinder und Jugendlichen festgelegt. Bei zügigem Arbeitsverhalten bestand zudem die Möglichkeit den Unterricht durch Unterrichtsspaziergänge und sportliche Betätigung an der frischen Luft zu ergänzen. Das weitläufige Gelände der Wohngruppe und der nahegelegene Wald boten und bieten dazu hervorragende Möglichkeiten.

Das Sozialverhalten der Kinder wurde über ein Ampelsystem erfasst und über einen Verhaltensplan reflektiert. So bekamen die Schüler sofortige Rückmeldung zu unpassendem Verhalten und Alternativstrategien konnten erarbeitet werden. Dabei bekam jedes Kind zu jeder neuen Stunde die Chance wieder bei grün zu beginnen, um die Motivation zur Verhaltensänderung aufrechtzuerhalten. Durch die Berücksichtigung der individuellen Lerngeschwindigkeit und der Unterstützung zur Kompetenzerweiterung im sozialen Miteinander konnten unsere Kinder ungemein vom Unterricht in der Wohngruppe profitieren. Auch als „nicht beschulbar“ geltende Kinder konnte so das Recht auf Bildung eingeräumt und sie zudem auf die Bewältigung des Schultages in Regelklassen vorbereitet werden. Das individualisierte Vorgehen, die kleine Größe der Lerngruppe und der enge Rahmen halfen den Kindern kleinschrittig ihre Sozialkompetenz im schulischen Bereich zu erweitern, während die Vermeidung von negativer Rückmeldung und ein erfolgsorientiertes Vorgehen zur Selbstwertstabilisierung beitrugen.

So kam es schließlich, dass auch von den „schwierigen Fällen“ – wie es nicht selten heißt – und die von der Regelbeschulung einerseits überfordert sind und andererseits durch ihren Förderbedarf oftmals viel negative Rückmeldung in diesem leistungsorientierten Rahmen erhalten, am Ende des Schultages in der Einrichtung zu hören war: „Die Schule hat heute echt Spaß gemacht, machen wir das morgen wieder?“ oder: „Kann ich meine Ampel mit in meine Klasse nehmen? Ich würde dort auch gerne wieder Sterne sammeln, wenn ich mich anstrenge es gut zu schaffen“.

Autor: Pascal Wassermann

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